Um den Umfang kriminalpolizeilich relevanter Aktivitäten im Bereich von Social Media aufzeigen zu können, wurden zielgruppenspezifische repräsentative Interviews durchgeführt. Neben der repräsentativen Bevölkerungsbefragung, die die Interviewten in Gruppen von „Heavy UserInnen“, „Gelegenheits-UserInnen“, „ehemaligen UserInnen“ und „Nicht-UserInnen“ einteilte, wurden zusätzlich Eltern von 10- bis 13-jährigen Kindern zur Nutzung von sozialen Netzwerken seitens ihrer Kinder befragt. Diese Erhebungen zum Thema Cyber Crime stellten die Erfahrungen der NutzerInnen mit sozialen Netzwerken in den Mittelpunkt und lieferten umfangreiches statistisches und soziodemografisches Datenmaterial zu österreichischen Social Media-UserInnen.

Die Ergebnisse wurden durch ExpertInnen-Interviews, die unter anderem mit Polizei-JuristInnen und IT-ExpertInnen des BM.I durchgeführt wurden, sowie Fokusgruppen abgesichert.

Es wurden vier unterschiedliche Nutzungstypen erhoben. Die Fragestellung lautete: „Sagen Sie mir jetzt bitte, ob Sie die folgenden sozialen Netzwerke kennen bzw. wie intensiv Sie diese nutzen. Stufen Sie dazu bitte jeweils ab zwischen a) habe einen Account und nutze diesen täglich bzw. fast täglich, b) habe einen Account und nutze diesen zumindest gelegentlich, c) habe bzw. hatte einen Account, nutze diesen aber nicht mehr oder habe diesen gelöscht, d) kenne es zwar, d. h. habe schon einmal davon gehört, hatte aber noch nie einen Account, e) kenne ich nicht, f) weiß nicht/keine Angabe.“

Fragestellung: Denken Sie bitte ganz allgemein an Soziale Netzwerke, wie beispielsweise Facebook. Als welchen der folgenden Nutzertypen würden Sie sich selbst einschätzen? (n=3.000, in %)

Quelle: IHS, MAKAM Research GmbH

Die Frage zur Selbsteinschätzung gesplittet in vier Nutzungstypen und die Frage bezüglich der Nutzungsintensität einzelner sozialer Netzwerke generieren unterschiedliche Ergebnisse: Selbsteinschätzung und tatsächliches Nutzungsverhalten liegen weit auseinander: 27 % würden sich selbst als intensive/n NutzerIn einstufen; die Nutzungsintensität weist hier allerdings 48 % der Befragten als intensive/n NutzerIn aus (habe einen Account und nutze diesen täglich oder fast täglich). Bei den Gelegenheits-NutzerInnen ist das Verhältnis 42 % (Selbsteinschätzung) zu 27 % (tatsächliche Nutzungsintensität – habe einen Account und nutze diesen zumindest gelegentlich). Bei den ehemaligen NutzerInnen ist das Verhältnis zwischen Selbsteinschätzung und Nutzungsintensität annähernd gleich groß (3 % versus 2 %) und die Nicht-NutzerInnen weisen Werte zwischen 28 % (Selbsteinschätzung) und 23 % (tatsächliche Nutzungsintensität) auf. Die Differenz lässt sich eventuell dadurch erklären, dass YouTube und WhatsApp spontan nicht als soziale Netzwerke eingestuft werden.

Weitere Ergebnisse in diesem Zusammenhang sind:

  • Soziale Netzwerke sind nicht mehr nur ein Jugendphänomen. Auch wenn das Nutzungsverhalten bei den 14- bis 19-Jährigen am höchsten ist (95 % nutzen mindestens ein soziales Netzwerk zumindest gelegentlich) und mit dem Alter kontinuierlich sinkt (20–29 Jahre: 87 %; 30–39 Jahre: 75 %), nutzen auch 60 % der 40- bis 49-Jährigen soziale Netzwerke.
  • Auch die Nutzungsintensität korreliert mit dem Alter: bei den 14- bis 19-Jährigen sind 77 % und bei den 20- bis 29-Jährigen 64 % Intensiv-NutzerInnen. Bei den 30- bis 39-Jährigen (42 %) und 40- bis 49-Jährigen (30 %) ist dieser Anteil deutlich geringer.
  • Datenschutz bzw. der Schutz der Privatsphäre ist für ein Drittel der Nicht-NutzerInnen (bzw. jener, die sich selbst als Nicht-NutzerIn ansehen) der Grund, sich nicht bei einem sozialen Netzwerk zu registrieren. 23 % haben kein Interesse an der Nutzung und je 16 % bevorzugen den persönlichen Kontakt bzw. nennen zeitliche Gründe und fehlenden Bedarf/Nutzen.

Das Projekt zum Thema Cyber Crime lieferte Antworten zu folgenden Kernfragen: Welche kriminalpolizeilich relevanten Phänomene und Aktivitäten kommen in sozialen Medien vor und wie bedrohlich werden soziale Netzwerke erlebt? Wie viele bzw. welche Personen wurden bereits wie geschädigt, welche Schutzmaßnahmen hinsichtlich Cyber Crime wurden individuell getroffen und welche Sicherheitsvorkehrungen bzw. Aufklärungsarbeit wären von Seiten der Polizei wünschenswert?

Facebook (62 %), WhatsApp (50 %) und YouTube (46 %) sind jene sozialen Netzwerke, die am häufigsten in der Altersklasse 14 bis 49 Jahre genutzt werden. Bei Kindern (10–13 Jahre) liegt WhatsApp an erster Stelle (62 %), gefolgt von YouTube (34 %) und Facebook (26 %).

Knapp die Hälfte der befragten ÖsterreicherInnen (47 %) war bereits einmal mit Cyber Crime in sozialen Netzwerken konfrontiert; war also entweder selbst betroffen (16 %) und/oder hat jemanden im persönlichen Umfeld, der/die betroffen war (41 %). Darunter fallen in dieser Reihenfolge: schadhafte Software/Malware, Hacking, Fake Accounts, Cyber Mobbing, Phishing, Cyber Bullying, Cyber Stalking, Profile Copying/Identitätsdiebstahl, Sexting und Happy Slapping. Bei den 10- bis 13-Jährigen ist dieser Wert halb so hoch und liegt bei 24 %. Cyber Bullying wurde hier als größtes Problem identifiziert.

Das Gefahrenpotenzial im Zusammenhang mit sozialen Netzwerken wird von Seiten der ÖsterreicherInnen zwischen 14 und 49 Jahren prinzipiell als hoch eingestuft. Cyber Bullying wird als am bedrohlichsten erachtet (84 % „sehr oder eher bedrohlich“), gefolgt von Cyber Mobbing (75 % „sehr oder eher bedrohlich“).

15 % der 10- bis 13-Jährigen haben schon einmal von Ängsten in Zusammenhang mit sozialen Netzwerken gesprochen. Am höchsten ist aus Sicht der Eltern das Problembewusstsein in Hinsicht auf Schülermobbing. Zwei Drittel der befragten Eltern meinen, dass das Problembewusstsein ihres Kindes in Bezug auf Schülermobbing „sehr bzw. eher hoch“ ausgeprägt ist.

Die Vorkehrungsmaßnahmen der ÖsterreicherInnen hinsichtlich Cyber Crime sind hoch: 98 % der Bevölkerung zwischen 14 und 49 Jahren, die in zumindest einem sozialen Netzwerk registriert sind bzw. waren, setzen Sicherheitsmaßnahmen. Durchschnittlich werden sechs unterschiedliche Vorkehrungsmaßnahmen gesetzt: Diese reichen von Sicherheitssoftware installieren (73 %), Kontaktaufnahme nur mit persönlich bekannten Personen (73 %), keine Bekanntgabe persönlicher Daten (72 %), Anpassung von Datenschutzeinstellungen bei der Registrierung (67 %), Verwendung unterschiedlicher Passwörter auf verschiedenen Plattformen (63 %), Cookies löschen (58 %), Deaktivierung der automatischen Passwortspeicherung (55 %), keine Nutzung ungesicherter WLANs (51 %), häufiger Passwortwechsel (42 %), AGBs vor Registrierung genau lesen (33 %) bis zum Überkleben von Mikrofon und Kamera am PC (22 %).

Prävention/Aufklärung: 94 % der Befragten halten es für „sehr oder eher wichtig“, dass die Bevölkerung noch besser über kriminelle Aktivitäten in sozialen Netzwerken aufgeklärt wird. Freiwillige Präventionsprojekte an den Schulen halten nicht nur Eltern von minderjährigen Kindern im Alter zwischen 10 und 13 Jahren für eine sehr sinnvolle Informations- und Präventionsmöglichkeit (79 %), sondern auch die übrige befragte Bevölkerung (63 %). Als geeignet wird auch die Platzierung von Werbebotschaften in (jugendaffinen) Medien sowie im Fernsehen erachtet. Auch wenn das BM.I bereits einiges an Informations- und Präventionsmöglichkeiten anbietet (z. B. Hotline und Präventionsbüro des Bundeskriminalamtes, Informations- und Sensibilisierungsmaßnahmen in Schulen, Online-Meldestelle against-cybercrime@bmi.gv.at sowie verschiedene Präventionsprojekte) ist das Bekanntheitsniveau dieser Angebote noch relativ gering.

Kontakt:
Konsortialführer: IHS, Projektleitung: Dr. S. Kirchner, Kirchner@ihs.ac.at
Dr. B. Angleitner; Dr. M. Gstrein, Angleit@ihs.ac.atGstrein@ihs.ac.at
IHS, Institut für Höhere Studien, Josefstädter Straße 39, 1080 Wien

Projektpartner: GF Mag. U. Röhsner, office@makam.at
C. Dominko, Mag. D. Hennebichler, c.dominko@makam.atd.hennebichler@makam.at
MAKAM Research GmbH, Hietzinger Hauptstraße 34, 1130 Wien

Projektpartner: Mag. M. Popolari, DI A. Mattern, Markus.Popolari@bmi.gv.atAndreas.Mattern@bmi.gv.at
BM.I Sektion IV, Referat IV/2/d (inzwischen: Abt. IV/6)