PHOBILITY AKTIV APP auf Herz und Nieren überprüft

Die PHOBILITY AKTIV APP hat zum Ziel, Personen mit einer Phobie, Angst- und/oder Zwangserkrankung oder Ängsten in Zusammenhang mit Depressionen eine gleichberechtigte Teilnahme am sozialen Leben zu ermöglichen. Im Zentrum steht die Förderung aktiver Mobilität und damit die aktive Teilnahme am öffentlichen Verkehr, die so lange wie möglich aufrechterhalten oder wiedererlang werden soll.

PHOBILITY AKTIV Tools haben großes Potenzial Personen mit Angst- und oder Zwangserkrankungen bei ihrer aktiven Verkehrsteilnahme zu unterstützen

In der durchgeführten empirischen Evaluierung zeigt sich, dass die PHOBILITY AKTIV Tools großes Potenzial haben, Betroffene bei der Verkehrsteilnahme zu unterstützen. Der bereits bekannte Theorierahmen wurde weitergeführt und verfeinert. Gefühle von Angst und Unsicherheit führen entweder dazu, dass die Räume für eigene Aktivitäten nicht beansprucht werden können. Personen haben z.B. Schwierigkeiten, in einer vollen U-Bahn einen freien Weg zum Ausgang der Fahrgastkabine einzufordern. Oder es kommt die Vorstellung von der Normalität der Situation abhanden. Letzteres führt eine Teilnehmerin plastisch vor Augen, die sich als „Katastrophenfilm-Dreher“ beschreibt. Nur wird der Film als real erlebt und sie ist die Hauptdarstellerin. In beiden Fällen besteht das Problem darin, dass die Entwürfe für Alltagshandlungen zerfallen. Das heißt, die Betroffenen verlieren das Gefühl dafür, was bei der Planung eines sicheren Verkehrswegs wichtig ist, wie sie Verkehrssituationen richtig einordnen und verstehen sollen und wann eine Handlung genügend weit durchgeplant ist, um sie tatsächlich auszuführen. Wenn diese völlig selbstverständlich ablaufenden mentalen Prozesse vor oder während der Verkehrsteilnahme nicht mehr funktionieren, werden Menschen durch jede noch so kleine unerwartete Begebenheit und denkbare Eventualität sprichwörtlich aus der Bahn geworfen. Die Bewältigung von Alltagswegen ist überhaupt nicht mehr vorstellbar. Die Reaktion darauf ist Rückzug aus dem öffentlichen Raum.

Die nun abgeschlossene Testphase zeigt, dass viele ProbandInnen durch die PHOBILITY AKTIV APP bei der Strukturierung und Planung ihrer Wege im öffentlichen Raum unterstützt wurden. Der Zerfall ihrer Handlungsentwürfe konnte gebremst oder verhindert werden, was für die Betroffenen einen Zugewinn an Sicherheit bedeutet und damit die Angst vor subjektiv unkontrollierbaren Situation bei der Verkehrsteilnahme reduzierte.

Bei einem proaktiven Umgang mit den eigenen Ängsten ist PHOBILITY AKTIV besonders hilfreich

In Evaluierungsgesprächen mit ProbandInnen konnte beobachtet werden, dass die APP insbesondere jenen AnwenderInnen verstärkte Unterstützung bietet, die im Therapieprozess schon weiter fortgeschritten sind, bzw. sich auch abseits von PHOBILITY AKTIV proaktiv mit der Bewältigung ihrer Angststörung auseinandersetzen. Einerseits werden die Möglichkeiten der Planungstools in der Vorbereitungsphase (Vorbereitung von Ablenkungstools, Anlegen von Notfallkontakten,…) als positiv erlebt. So beschreibt ein Proband: „Was ich am häufigsten verwende, sind die Vorhaben selbst. Aus dem einfachen Grund, umso mehr ich in diesem Bildschirm drinnen bin, umso intensiver denke ich über die Termine nach und denke einfach an viel mehr Details, die ich sonst einfach nicht berücksichtigten würde.“ Andererseits entfaltet die APP insbesondere dabei große Wirkung, die eigene Erfolge und Fortschritte zu reflektieren. Auf diese Weise kann die Kontrolle über angstauslösende Situationen zurückerlangt werden und die Motivation anstehende Wege/Aufgaben selbst zu bewältigen steigt wieder. Es geht, so erzählt eine Probandin: „um die Kontrolle, zu beweisen, was ich geschafft habe. Weil einem das schwer bewusst ist oder ich selbst kann mir schwer bewusst machen, was ich alles geschafft habe.“

ProbandInnen schildern, dass in Situationen eines akuten Angstausbruchs insbesondere Rückmeldungen zum eigenen Puls über das Wearable dabei unterstützt haben, Kontrolle über die eigene Emotion wiederzuerlangen. Auf diese Weise kann die Eskalation des Angstempfindens, die oftmals durch Symptome wie Herzrasen verstärkt wird, gebremst oder aufgehalten werden. Dies beschreibt eine Probandin folgendermaßen: „Und wenn man sich dann den Puls ansieht, den momentanen, sieht man eh schon, weil manchmal spürt man das Herzpumpern, aber es ist nur ein Spüren, es ist trotzdem der Puls nicht erhöht, er ist ganz normal und auch der Blutdruck und wenn man dann auf die Uhr schaut und der zeigt einem eigentlich, es ist eh alles in Ordnung.

Aus den Gesprächen mit ProbandInnen wird deutlich, dass generell die Reflexionsangebote der PHOBILITY AKTIV APP den größten Mehrwert für die AnwenderInnen bilden. Die aktive Auseinandersetzung und Aufarbeitung bereits absolvierten Wege hatte vorwiegend motivationale Wirkung auf die TeilnehmerInnen und selbst diesbezügliche Rückschläge wurden in keinem Fall als Mittel der Selbstabwertung interpretiert.

Besonders Angebote der App in der Vorbereitungs- und Reflexionsphase liefern wertvolle Hilfestellungen

Auch die mit den NutzerInnen durchgeführte quantitative Impactmessung (Vor- und Nachmessung) zur Wirksamkeit der App hinsichtlich einer Änderung des persönlichen Mobilitätsverhaltens liefert Daten, wonach Sie die PHOBILITY AKTIV APP in erster Linie auf die Vorbereitungs- sowie insbesondere auf die Nachbereitungs- bzw. Reflexionsphase auswirkt. Bezüglich Wege-Planung rückt die Vorbereitung unter Verwendung der App zeitlich deutlich näher an den Wegantritt heran und verkürzt sich in deren Dauer, wobei zahlenmäßig mehr Vorbereitungsmaßnahmen (besonders häufig Vorbereitung von Ablenkungsmöglichkeiten) gesetzt werden. Während sich aus dem reinen Zahlenmaterial der Impact-Messung keine signifikante Auswirkung der App-Verwendung bei der Durchführung der Wege an sich zeigt, fällt in der Analyse der Reflexionsphase eine signifikant gesteigerte Häufigkeit der Verschriftlichung von Erfahrungen während des Weges in Form von Notizen auf. In der direkten Bewertung der App durch die NutzerInnen hinsichtlich deren Eignung als Unterstützungsmaßnahme schneidet die getestete Version durchwegs gut ab, wobei dies z.T. auch auf die starke Involvierung der Testpersonen im Zuge des iterativen, partizipativen Test- und Evaluierungsansatzes zurückgeführt werden kann.

Schwächen der PHOBILITY AKTIV APP liegen noch in deren bisheriger technischen Umsetzung

Verbesserungspotenziale betreffen vor allem eine leichtere Bedienbarkeit, intuitivere und individualisierte Einstellungsmöglichkeiten und eine liebevollere Umsetzung von Details.

Zusammenfassend erklärt Ulli Röhsner, Projektleiterin von PHOBILITY AKTIV: „Unser PHOBILITY AKTIV Tool – also APP inkl. Wearable stellt insbesondere für all jene Menschen mit Phobie, Angst- und/oder Zwangserkrankungen, die eigeninitiativ und proaktiv an der Verbesserung ihres Mobilitätsverhaltens arbeiten wollen, eine probate Unterstützung zur Aufrechterhaltung bzw. Wiedererlangung einer gleichberechtigten und aktiven Mobilität dar. Für den/die engagierte/n AnwenderIn liefert die APP eine Vielzahl an erprobten Tools für die Vorbereitung, Durchführung und Reflexion von Wegen im öffentlichen Raum, die erwiesenermaßen Unterstützungswirkung erzielen.

Für weitere Fragen oder Anliegen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung!

Das Projekt wird unter der Leitung von MAKAM Research GmbH gemeinsam mit dem Fachbereich Verkehrssystemplanung der Technischen Universität Wien, dem AIT Austrian Institute of Technology GmbH, dem Institut für Visual Computing and Human-Centered Technology der TU Wien, der Psychosoziale Zentren Gesellschaft mbH, dem Soziologen Dr. Christopher Schlembach und dem aspern.mobil LAB umgesetzt und vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie im Rahmen der Programmlinie Mobilität der Zukunft der FFG finanziell gefördert.

 

Informationen zum Vorprojekt PHOBILITY und der Gesamtforschungsbericht sind hier!

Weitere Informationen über PHOBILITY AKTIV