Mädchen und IT – Mädchen und Unternehmerinnentum

Erste MIT-MUT Forschungsergebnisse, die im Rahmen eines iterativen und benutzerInnenzentrierten Designansatzes mittels qualitativen leitfadengestützten Interviews mit 19 Schülerinnen der 7. und 8. Schulstufe und 10 PädagogInnen in neun Schulen generiert wurden, zeigen eine Reihe von durchaus erwarteten Stereotypen im Verhaltensmuster und in den Einstellungen der Schülerinnen. Jedoch sind auch Ansätze erkennbar, die die dekonstruktivistischen Intentionen des MIT-MUT Forschungsteams unterstützen und wichtige Hinweise für die inhaltliche und technische Gestaltung des Social Enterprise Networks und des Game-based Learnings liefern.

Der Großteil der befragten 13- bis 14-jährigen Schülerinnen weist stereotype Verhaltensmuster und Einstellungen und zeigt wenig Offenheit für nicht klassisch weibliche Ausbildungswege und Berufsbilder.
So zeigt sich schon bei der Ermittlung der Freizeitaktivitäten eine Bevorzugung von typisch weiblich konnotierten Beschäftigungen: Reiten, Tanzen, Ballet oder das Spielen von Musikinstrumenten sind die beliebtesten Hobbies der befragten Schülerinnen. Auch die Lieblingsfächer in der Schule entsprechen den klassischen Stereotypen, wobei vor allem kreative Unterrichtsgegenstände, wie Bildnerische Erziehung, Turnen und Werken das Beliebtheitsranking anführen. Es werden folglich vor allem jene Unterrichtsgegenstände präferiert, in denen Kreativität ausgeübt werden kann, die befragten Mädchen gute Leistungen bringen und die ihnen Spaß bereiten.

Die befragten Mädchen weisen eine hohe Affinität zu digitalen Medien auf. Digitale Medien werden sowohl privat als auch im schulischen Kontext häufig genutzt und die befragten Mädchen weisen eine hohe Kompetenz im Umgang mit unterschiedlichsten digitalen Medien auf.
Die befragten Mädchen verwenden sowohl in der Freizeit als auch im schulischen Kontext digitale Medien, wie Smartphone, Laptop, Computer, Tablet, Fernseher und Spielkonsolen. Jedes der befragten Mädchen verfügt über ein Smartphone, das aufgrund der vielfältigen und praktischen Anwendungsmöglichkeiten sowie aufgrund der ständigen Verfügbarkeit das am liebsten genutzte digitale Medium ist. Privat werden digitale Medien gerne im Rahmen von sozialen Netzwerken, wie WhatsApp und Facebook, sowie für diverse Recherchen, für das Ansehen von Filmen oder für das Hören von Musik bevorzugt genutzt. In den Schulen wird der Umgang mit digitalen Medien sehr gefördert. So werden Computer, Laptops und Tablets für Recherchen, für das Erstellen von Dokumenten und Präsentationen, aber auch für das Wiederholen oder Üben von Unterrichtsstoff mit Lernplattformen oder Online-Tests verwendet. Auch der Informationsaustausch der SchülerInnen untereinander und mit PädagogInnen ist mittlerweile Standard an Österreichs Schulen. Die Nutzungskompetenz der Mädchen im Umgang mit digitalen Medien wird von den befragten PädagogInnen durchwegs als hoch eingeschätzt, jedoch erkennen die Lehrkräfte unterschiedliche Verwendungsschwerpunkte von Mädchen und Buben. So stehen bei den Mädchen eher kreative Gestaltungsmöglichkeiten, wie die Beschäftigung mit Fotos, Filmen oder Designen, sowie kommunikative und soziale Aspekte, wie die Nutzung sozialer Netzwerke, im Vordergrund. Buben werden selbstbewusster im Umgang mit digitalen Medien erlebt und bei ihnen spielt das Interesse am Programmieren und Computerspielen eine größere Rolle.

Kreative digitale Spiele, die unterschiedliche Herausforderungen („Challenges“), Wettbewerbe und verschiedene Schwierigkeitsstufen bieten, sind bei den befragten Schülerinnen am beliebtesten.
Bei den Spielarten bevorzugen die befragten Mädchen Adventure Games, Jump and Runs, Strategiespiele, Geschicklichkeits- und Geschwindigkeitsspiele, Quizspiele sowie Designspiele. Hingegen sind Action- und Shooterspiele weniger beliebt. Die Auswahl geeigneter Spiele erfolgt auf unterschiedlichen Ebenen: So werden Bewertungen und Kommentare anderer NutzerInnen, aber auch Werbebilder/-videos und Spielnamen berücksichtigt. Wichtig beim Spielen sind den befragten Mädchen Herausforderungen („Challenges“) und Wettbewerbe, verschiedene Schwierigkeitsstufen/Levels, eine ansprechende Optik („cooles Cover“, bunte, aber nicht zu schrille Farben, Vermeidung der Farbe Rosa) sowie die Integration von Musik. Auch übernehmen die befragten Mädchen beim Spielen gerne Verantwortung, beispielsweise für ein virtuelles Tier, und sie wollen ihre Kreativität ausleben können, beispielsweise in Form von Gestaltungsmöglichkeiten oder Designaspekten.

Die befragten Schülerinnen haben noch kaum konkrete Berufspläne, jedoch sind am ehesten traditionell weiblich konnotierte Berufe vorstellbar.
Bei der Wahl einer weiterführenden Schule folgen die befragten Mädchen auch bekannten Pfaden. So strebt der Großteil eine Schulkarriere in einer Kindergartenschule oder in einer Handelsakademie an. Obwohl die Berufsvorstellungen der befragten Schülerinnen trotz des Kennenlernens verschiedener Tätigkeiten im Rahmen der in den Schulen stattfindenden Berufsorientierungen noch vage sind, sind am ehesten traditionell weiblich konnotierte Berufe, wie Kindergärtnerin, Lehrerin/Pädagogin, Pflegerin oder Bank- oder Bürokauffrau, vorstellbar. Einige der befragten Schülerinnen interessieren sich zwar sehr für digitale Medien, trotzdem ist eine berufliche Orientierung in diese Richtung für sie persönlich eher nicht denkbar, da Fertigkeiten im IT-Bereich mit Buben assoziiert werden, denen viel eher zugetraut wird, eine Ausbildung oder einen Beruf in dieser Fachrichtung zu ergreifen.

Dieses geschlechterstereotype Entscheidungsverhalten der Mädchen hinsichtlich Schul- und Berufswahl sehen die befragten PädagogInnen, die sich selbst neben den Eltern als wichtige UnterstützerInnen im Rahmen der Berufsorientierung sehen, in der Gesellschaft allgemein sowie in der Familie begründet. So haben individuelle Ansichten und Interessen, Noten und Schulleistungen, Beruf und Bildungsstand der Eltern, regionale Aspekte sowie die Pläne der engsten Freundinnen einen Einfluss auf die Schulwahl. Aus diesem Grund erachten die befragten Lehrkräfte es als wesentlich, das Selbstbewusstsein der Mädchen zu stärken und ihnen berufliche Optionen abseits von genderstereotypen Vorstellungen bewusst zu machen, um damit das Interesse für Berufe zu wecken, die sie sonst nicht in Betracht gezogen hätten. Für jene befragten Schülerinnen, für die eine IT-Laufbahn infrage kommen könnte, sind Berufe im kreativen (Medien- oder Modedesign, Architektur) oder im naturwissenschaftlichen Bereich (Umwelttechnik) denkbar. Offenheit für IT-, technische oder naturwissenschaftliche Berufe ist vor allem bei jenen befragten Mädchen erkennbar, die in ihrem privaten Umfeld diesbezüglich Vorbilder haben und daher vermehrt über spezifisches Wissen hinsichtlich der beruflichen Möglichkeiten in diesem Feld verfügen oder bestimmte Fertigkeiten (z. B. Programmieren, digitales Zeichnen) schon ausprobieren konnten.

MIT-MUT unterstützt durch Social und Game-based Learning die Dekonstruktion von Genderstereotypen.
Die Ergebnisse der qualitativen Interviews zeigen, dass bei Ausbildungs- und Berufswahlentscheidungen der befragten Schülerinnen traditionelle Geschlechterstereotypen stark zum Tragen kommen. Daher ist es wesentlich, dass das im Projekt MIT-MUT entwickelte Social Enterprise Network mit den Social und Game-based Learning-Elementen einen Beitrag zur Dekonstruktion von Genderstereotypen im UnternehmerInnentum und in der IKT liefert.

Hintergrund und Zielsetzung des Projektes MIT-MUT, das unter der Leitung von MAKAM Research GmbH gemeinsam mit die Berater® Unternehmensberatungs GmbH, Webducation Software Planungs- und EntwicklungsgmbH, Pädagogische Hochschule Niederösterreich und Donau-Universität Krems – Department für Kunst- und Bildwissenschaften umgesetzt und vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie im Rahmen der Programmlinie TALENTE – FEMtech Forschungsprojekte der FFG finanziell gefördert wird, finden Sie auf http://mit-mut.at.

Projektstart war der 1. August 2014.